Die Geschichte der Weststadthalle
Um den Produktionsbetrieb der Krupp‘sche Gussstahlfabrik sicherzustellen,
wurde Anfang des 20. Jahrhunderts die Reparaturwerkstatt II gebaut. Mit
einer durchschnittlichen Belegschaft von 450 Mann diente sie hauptsächlich
zur Anfertigung wichtiger Ersatzteile für die Kraftfahrzeuge und
Maschinen der Gussstahlfabrik. Doch wurden dort auch neue Maschinen gefertigt,
zum Beispiel einer der ersten Dieselmotoren, der mit mehreren Tausend
PS für den Antrieb der Walzstraßen sorgte.
Die Fabrik war von einem großen Gebäudekomplex umgeben, der
so genannten Kruppstadt. Die einzelnen Hallen wurden durch die Werksbahn
verbunden. Ein eingebauter Gebäudeknick an der südlichen Seite
ermöglichte der Werksbahn das Gebäude zu umfahren und anschließend
über eine Brücke die Altendorfer Straße zu überqueren.
Heute wird diese Brücke als Fußgängerbrücke genutzt.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm die AEG-Kanis Turbinenherstellung das komplette Gelände der Kruppstadt. Die Reparaturwerkstatt II wurde in drei kleinere Hallen 5 – 7 aufgeteilt und bis Ende der 1980er Jahre zur Herstellung von Gasturbinen genutzt.
Im Jahr 1992 musste AEG Kanis das Gelände und die Hallen räumen. Das Areal wurde durch einen städteplanerischen Wettbewerb 1994 anders geordnet und unter dem Namen Weststadt um einen neu geschaffenen Platz entwickelt.
Die Hallen 5 – 7 an seinem östlichen Rand erhalten in Ensemblewirkung
mit dem Colosseum im Jahr 2003 eine Nutzung durch die Folkwang Musikschule
der Stadt Essen und den Berliner Show-Veranstalter Stars in Concert in
dem neu strukturierten Komplex „Weststadthalle“. So gelang
es erstmals in Deutschland, kommerzielles Musikentertainment und kommunale
musische Bildung in einem Gebäudekomplex zu vereinen.
Die vielversprechende Public Private Partnership scheiterte jedoch, als
Stars in Concert schon zwei Jahre später und die nachfolgende Rock-Pop-Konzertagentur
WeststadtHalle GmbH im Jahr 2008 kapitulieren mussten. 2011 übernahm
schließlich das Jugendamt der Stadt Essen die Räumlichkeiten
der Privatinvestoren und bezog auch einige Büros im Trakt der Folkwang
Musikschule.
Neben vielen Nieten und Strahlträgern blieben ein Dampfhammer und
ein Laufkran von Krupp Adelt mit einer Traglast von 30.000 kg zurück.
Diese Baurelikte zeugen noch heute von der industriegeschichtlichen Relevanz
der Weststadthalle. Auch wenn die Weststadthalle eher ein Funktionsbau
war, ist ihr architektonischer Stil äußerst bedeutsam. Die
Kombination von Stahlfachwerk und Mauerwerk beschreibt den Übergang
zu einer neuen Bauweise und war innovativ und einflussreich für die
Konstruktions- und Baugeschichte, z. B. der Zeche Zollverein.
Die Gebäudehülle bietet nicht nur Wärme- und Schallschutz,
sondern konserviert mit der ursprünglichen Fassadenebene auch die
Spuren der Industriegeschichte. Um den Bezug zur neuen musikalischen Nutzung
des Gebäudes darzustellen, sind auf der Glasfassade Teile des Autographen
von Ludwig van Beethovens letzter Klaviersonate geätzt, der Sonate
opus 111.
Die Weststadthalle ist Teil der industriegeschichtlichen Identität
der Stadt Essen und steht unter Denkmalschutz.
Die Geschichte der Folkwang Musikschule
Der Rat der Stadt Essen führte im Jahr 1974 das „Folkwang
Konservatorium“ und die „Jugendmusikschule der Stadt Essen“
– vormals Teil der „Folkwangschule für Musik, Tanz und
Sprechen“ – zur „Folkwang Musikschule der Stadt Essen“
zusammen. Die pädagogische Leitung hatte im Verwaltungstrakt der
Folkwang Hochschule in Werden, heute Folkwang Universität der Künste,
Klemensborn 39, ihre Räume.
Die Verwaltungsleitung der Folkwang Musikschule wurde in der ehemaligen Georgschule in Heisingen, Schangstraße 24 – inzwischen abgerissen – untergebracht.
Anfang 1980 wurde das Alfred Herrhausen-Haus im Südviertel, Brunnenstraße 8, zur Zentrale der Folkwang Musikschule. Nach dem 1. Bauabschnitt bezogen die Institutsleitung und Verwaltung Ende 1980 die ersten Räume der ehemaligen Bankiers-Villa. Der weitere Ausbau der Unterrichts- und Funktionsräume folgte bis 1983. Es war eine „familiäre Zentrale“ in schöner Lage am Stadtgarten, jedoch auf Dauer viel zu klein für das stetig wachsende Institut. Heute wird das Haus vom Initiativkreis Ruhr genutzt. Es beherbergt u. a. das Klavier-Festival Ruhr und die TalentTage Ruhr.
Der Einzug in die Weststadthalle mit ihrer zeitgemäßen räumlichen, akustischen und technischen Ausstattung eröffnete der Folkwang Musikschule im Jahr 2003 neue Perspektiven im Sinne der Idee und Weiterentwicklung des Folkwang-Gedankens, dem die Stadt Essen seit langem verbunden ist. Die Musikschulzentrale hat durch ihre Citylage eine gute Infrastruktur und bietet Raum für Verwaltung, Unterricht und Veranstaltungen der Sparten Musik, Tanz und Schauspiel.Außer in ihrer Zentrale bietet die Folkwang Musikschule Unterricht in den sogenannten Mittelpunktschulen Schloß Borbeck, Alter Bahnhof Werden, Altes Rathaus Werden, Altes Rathaus Heisingen und Mineralienmuseum Kupferdreh sowie an rund 120 weiteren Unterrichtsorten im gesamten Essener Stadtgebiet an.